Die Liebe zum Telefax
Im Jahre 1843 machte der schottische Uhrmacher Alexander Bain eine bahnbrechende Erfindung. Nur drei Jahre nachdem er die erste elektrische Uhr gebaut hatte, meldete er den so genannten Kopiertelegraphen als Patent an. Mit der Technologie konnte man ein Schriftstück oder ein Bild über eine lange Entfernung in Form von elektrischen Impulsen an einen anderen Ort senden. Eine Revolution, fußte auf ihr schließlich die Entwicklung der Television, also unseres heutigen Fernsehens. Aber auch für eine weitere Technologie setzte er damit die Grundlage: für die Erfindung des Telefaxes. Das wurde über einhundert Jahre später im Jahr 1964 von dem amerikanischen Unternehmen Xerox entwickelt.
Das Fax setzte sich weltweit als einfache und vor allem schnelle Alternative zum Brief durch und wurde von Unternehmen aber auch Privatpersonen rege genutzt. Lange war es nahezu alternativlos.
Doch dann kam das Internet und mit ihm die E-Mail. Sie machte Papier und separates Endgerät überflüssig und ist seit den 90er Jahren weltweit das am meisten genutzte Kommunikationsmittel. Das klobige Fax mit seinen nervigen Piepsgeräuschen und seinem Hunger für Tinte und Papier geriet darüber schnell überall in Vergessenheit?
Überall? Nein, ein kleines Land in der Mitte Europas leistet dem Fortschritt seit Jahrzehnten und bis heute erfolgreich Widerstand. Dieses Land heißt Deutschland. Und wärend man zum Beispiel in Finnland heutzutage kaum noch weiß, was ein Fax ist, geschweige denn wie es funktioniert, erfreut es sich hierzulande weiterhin großer Beliebtheit.
Immernoch State of the art in Deutschland
Ja, ich bin überrascht, dass selbst bei meiner Rückkehr nach Deutschland im Jahre 2021 immernoch so gut wie jedes Unternehmen eine Fax-Nummer auf ihrer Webseite und auf ihren Visitenkarten angibt.
Ich kann mich erinnern, dass ich bei meinem Umzug nach Helsinki im Jahr 2011 noch ein Fax an eine deutsche Behörde schicken musste. Nach langem Suchen erfuhr ich, dass es wohl in der deutschen Bibliothek noch so ein antiquiertes Gerät gäbe. Die Bibliothekarin holte das stark eingestaubte Gerät aus dem Lager, schloss es an und nachdem wir uns beide eine Weile daran zu schaffen machten, klangen die erlösenden Töne an und das Papier tickerte durch die quietschenden Rollen der Maschine.
In Deutschland gehört das Fax hingegen weiterhin zum Alltag. Bis Anfang 2021 nutzten es Gesundheitsämter sogar noch, um die tagesaktuellen Coronazahlen zu melden.
Was es mit dieser Seltsamen Beziehung der Deutschen zum Fax auf sich hat, soll mir für immer ein Rätsel bleiben. Mancher sagt mir, es habe mit der Sicherheit zu tun. In welcher Weise genau ein Fax sicher sein soll, als beispielsweise eine verschlüsselte E-Mail oder eine Übertragung nach einer Zwei-Faktor-Authentifizierung, konnte mir aber bisher noch niemand schlüssig erklären.
Nichtmal sonderlich hübsch kommen diese Faxgeräte daher. Und viele sinnvolle Funktionen haben sie dazu auch nicht. Mittlerweile sprechen sich sogar Politik und viele Verbände für das Ende des Faxes aus. Das Fax wird mehr und mehr zum Problem und zum Ressourcenfresser für den öffentlichen Dienst.
Außerdem haben die digitalen Alternativen doch so viele Vorteile zu bieten. Sie sind schneller, einfacher zu nutzen, um ein vielfaches sicherer und weitaus schonender für die Umwelt, weil sie weder Papier noch Tinte erfordern.
Doch der Deutsche bleibt hartnäckig. Hat er sich doch so an das beruhigende Piepen und Kratzen in der Leitung gewöhnt. Und vielleicht hat die Liebe zum Telefax ja auch noch einen ganz praktischen Grund. Schließlich kommt das Dokument da gleich in Papierform aus der Maschine und lässt sich so ohne störenden Umweg über den Drucker direkt abheften. Und das Bedürfnis, Papiere abzuheften ist uns Deutschen ja schließlich ganz tief in die DNS einprogrammiert.
Hallo Ansgar,
im Papiere abheften war ich noch nie wirklich gut. Da haben mir meine Eltern wohl nicht genug beigebracht – bei mir liegt immer nur eine Loseblattsammlung herum, bis das meiste davon in den Papiermüll wandert. Wegwerfen ist aber immer ein super Gefühl.
Aber letztlich hast Du es herrlich beschrieben. Ich glaube es gibt aber tatsächlich viele bürokratische Gründe, warum das Fax weiterhin genutzt wird – möglicherweise sind auch die föderalen Strukturen (nicht kompatible Datensysteme in den einzelnen Bundesländern) mit daran Schuld, dass ein Austausch anders nicht möglich ist. Auch haben nicht alle Behörden ausreichende Verschlüsselungen in ihren interneren Mailsystemen, weshalb sie weiterhin Fax nutzen. Es ist ein Graus. Behörden haben einfach keine Ahnung von IT und investieren auch nicht in eigene IT-Strukturen. Traurig, aber wahr. Dadurch werden wir in der modernden Welt definitiv an Stellenwert verlieren. Aber schön mal wieder was aus Deinem Block gelesen zu haben. Peter versorgt mich immer mal wieder mit Infos von Dir.
Beste Grüße nach Finnland aus dem Rhein-Main-Gebiet.
Christian Schneider
(Falls Dir das nichts sagt – meine Eltern sind gute Freunde von Barbara und Peter) und wir waren mal gemeinsam im Palmengarten.
Wegwerfen finde ich auch super 🙂
Und diese alten bürokraktischen Strukturen bin ich einfach aus Finnland nicht mehr gewöhnt. Da ist es interessant, mein Heimatland mal ein wenig unter die Lupe zu nehmen bei unserem derzeitigen Aufenthalt in Hamburg.
Aber du hast recht, ich mache mir da auch Gedanken um die langfristige Wettbewerbsfähigkeit unseres Landes. Mal sehen, was die Ampel da ausrichten kann.
Schöne Grüße ins Rhein-Main-Gebiet!
Widerspruch! Ich bin ein eifernder Verfechter des Faxgeräts. Stimmt schon, könnte alles viel besser ohne Papier sein, wenn man es digital übertragen und dann auch ebenso digital archivieren könnte, aber an letzterem hapert’s doch viel häufiger: Die Software-Infrastruktur ist noch nicht so weit, als dass wirklich irgendwo in Betrieben mit mehr als 30 Mitarbeitern papierlos gearbeitet werden würde. In der Realität kann man keine Dokumente zu bestimmten Fällen hinzufügen oder das Mailprogramm ist nicht mit dem Verkaufsprogramm synchronisiert und man muss alles mühsam zwischenspeichern etc…
Und einen zweiten Grund sehe ich auch noch, nämlich: Handschrift! Durch die Art und Weise, wie man handschriftlich Korrekturen oder Krakeleien an ein Dokument anbringt, kann man einen „menschelnden Faktor“ reinkriegen, z. B. um Inhalte für das Gegenüber leichter verdaulich zu machen, sich zu distanzieren oder „Vitamin B“ spielen zu lassen. Das kriegt man mit Arial 12 Punkt und Signatur nicht hin. Auch nicht, wenn man mintgrün als Hintergrund vor Lucida Handwriting 14 Punkt nimmt. Es wirkt alles eine Spur beziehungsloser.
Stimmt, oft hapert es an der Verknüpfung der Systeme. Das ist gerade bei großen Unternehmen und Organisationen ein Problem. Und vor allem bei solchen, die es schon längere Zeit gibt und die daher mal hier und mal da etwas Neues eingeführt haben. Ein menschlicher Touch ist immer etwas Schönes und gerade in deinem Feld sicher wichtig. Aber auch dafür gibt es sicher gute digitale Alternativen z.B. durch Nutzung von Touchscreens und Touchpads.
Aber worum es mir hier vor allem geht ist, dass man nicht für jede Unterschrift und jede Informationsübersendung an öffentliche Stellen ein Fax braucht sondern sehr viel einfacher auch digitale Authentifizierungen nutzen könnte.